Blick auf das historische Rathaus in Reichelsheim Bingenheimer Str. 33

Pressemitteilung Stadt Reichelsheim

PRESSEMITTEILUNG

Reichelsheim, 31. Juli 2025

Bürgermeisterin Herget äußert sich kritisch zum geplanten Standort für TenneT-Umspannwerk

Das Unternehmen TenneT plant den Bau eines rund 30 Hektar großen Umspannwerks in der Wetterau – in unmittelbarer Nähe zu Beienheim, Dorn-Assenheim, Weckesheim, Dorheim und Bauernheim. Bürgermeisterin Lena Herget sieht den vorgesehenen Standort äußerst kritisch und nimmt öffentlich Stellung.

„Die Notwendigkeit eines Umspannwerks wird von mir nicht in Frage gestellt“, erklärt Herget. „Wir brauchen eine leistungsfähige Strom-Infrastruktur, um die Digitalisierung, die Energiewende und damit den Klimaschutz voranzutreiben. Auch unser alltägliches Leben ist auf eine stabile Energieversorgung angewiesen. Was ich aber sehr kritisch sehe, ist der gewählte Standort, isoliert mitten in landwirtschaftlich geprägten Flächen.“

Bereits in der Stadtverordnetenversammlung im Juni hatte Bürgermeisterin Herget das Projekt öffentlich thematisiert. Seit Wochen steht sie im engen Austausch mit dem Unternehmen TenneT, mit den Bürgermeistern der umliegenden Kommunen, mit Ortslandwirten, Grundstückseigentümern sowie mit verschiedenen Organisationen und Behörden.

Am 7. Juli erreichte Reichelsheim dann eine offizielle Anfrage der Hessischen Landgesellschaft (HLG), ob städtische Flächen im Bereich des geplanten Umspannwerks an TenneT veräußert werden könnten. Hergets Haltung dazu ist eindeutig: „Ich werde mich im Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung gegen den Verkauf städtischer Flächen und gegen den Bau des Umspannwerks an diesem Standort einsetzen.“

Aus Sicht der Bürgermeisterin sprechen mehrere gewichtige Gründe gegen die Umsetzung des Projekts an genau diesem Ort. Zum einen würde durch das Vorhaben wertvoller Ackerboden dauerhaft aus der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Das hätte nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Folgen – insbesondere für die betroffenen Landwirte der Region, für die diese Flächen eine wichtige Existenzgrundlage darstellen. Hinzu kommt die Versiegelung einer Fläche von 30 Hektar, was in Zeiten zunehmender Klimaschutzanforderungen ein deutliches Warnsignal sein sollte. Darüber hinaus ist die betroffene Fläche Lebensraum zahlreicher schützenswerter Tierarten, deren Vorkommen durch die Bebauung massiv beeinträchtigt würde. Nicht zuletzt handelt es sich um einen völlig isolierten Standort, der mitten in der für die Wetterau so typischen offenen Agrarlandschaft liegt und daher aus raumplanerischer Sicht äußerst sensibel zu bewerten ist.

„Es geht mir nicht um ein klassisches ‘Not in my Backyard’ – also: Macht es ruhig, aber bitte nicht bei uns“, betont Herget. „Mir ist bewusst, dass sich das Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht den optimalen Standort ausgesucht hat – das ist aus deren Sicht absolut verständlich. Aber genau deshalb muss hinterfragt werden, ob dieser Standort und die zusammenhängende Größe der Planung wirklich alternativlos sind.“

Die Bürgermeisterin fordert eine kritische Überprüfung der Planungen und stellt konkrete Fragen: Ist ein Umspannwerk dieser Größe an genau diesem Ort zwingend erforderlich? Könnten vorhandene Infrastrukturen erweitert werden, um die Notwendigkeit eines Neubaus zu verringern? Ist es möglich, mehrere kleinere Einheiten an geeigneteren Standorten zu errichten? Gibt es geeignete Flächen in der Nähe bestehender Industriegebiete, die besser geeignet wären als landwirtschaftliche Flächen aber aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht favorisiert werden?

Bekenntnis zur Energiewende – aber mit Augenmaß

Lena Herget betont, dass sie den Ausbau erneuerbarer Energien und eine nachhaltige Energieerzeugung klar unterstützt: „Ich bin stolze Bürgermeisterin einer ehemaligen Bergbaukommune. Unsere Region hat eine lange Energiegeschichte – vom Kohleabbau bis zur heutigen Nutzung der dabei entstandenen Seen. Wir haben schon immer Verantwortung für die Energiesicherheit- und Versorgung für die Region getragen. Aber ich will keineswegs ein Zurück zur Energieerzeugung von damals – sondern ein verantwortungsvolles Vorangehen mit moderner Infrastruktur.“

Doch der Ausbau müsse sorgfältig geplant werden. „Wir müssen Strom dezentral erzeugen und transportieren. Doch genauso wichtig ist es, Planungen zu hinterfragen, Standorte kritisch zu prüfen und Alternativen offen zu diskutieren. Es ist meine Pflicht als Bürgermeisterin, die Interessen Reichelsheims zu vertreten – klar, deutlich und im Rahmen einer sachlichen Diskussion“, so Herget.

Fragenkatalog an TenneT – Veröffentlichung der Antworten geplant

Nach der kommenden Sitzung des Magistrats wird ein umfassender Fragenkatalog an das Unternehmen TenneT übermittelt. Dieser enthält sowohl die bereits erwähnten Fragen der Bürgermeisterin, zusätzliche Fragen aus dem Magistrat und auch zahlreiche Fragen, die von Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung an die Bürgermeisterin herangetragen wurden. „Ich halte es für sehr wichtig, dass wir nicht nur Fragen stellen, sondern auch die Antworten für alle transparent machen“, so Herget. „Sobald uns die Antworten von TenneT vorliegen, werden wir diese öffentlich zugänglich machen.“

Einladung zur Stadtverordnetenversammlung am 28. August

Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, sich selbst ein Bild von der Planung zu machen. Am 28. August um 20 Uhr wird im Bürgertreff Beienheim das Unternehmen TenneT seine Pläne öffentlich vorstellen. Es besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich aktiv in die Diskussion einzubringen.

„Bis dahin werde ich weiterhin Gespräche mit Ortslandwirten, Grundstückseigentümern und meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Nachbarkommunen führen“, kündigt Bürgermeisterin Herget an. „Jetzt ist der Moment, an dem wir gemeinsam an einem Strang ziehen müssen.“