Blick auf das historische Rathaus in Reichelsheim Bingenheimer Str. 33

Stellungnahme der Bürgermeisterin zum geplanten Umspannwerk

Stellungnahme zum geplanten Umspannwerk

Das Unternehmen Tennet plant den Bau eines Umspannwerkes in unserer Region.

Die Notwendigkeit eines Umspannwerks wird nicht in Frage gestellt. Klar ist, dass die Strom-Infrastruktur benötigt wird, um die notwendige Digitalisierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien (und den damit verbundenen Klimaschutz) sowie das alltägliche Leben zu ermöglichen. Den ausgewählten Standort zwischen Beienheim, Dorn-Assenheim, Weckesheim, Dorheim und Bauernheim sehe ich allerdings sehr kritisch.

Als Bürgermeisterin der Stadt Reichelsheim stehe ich hierzu seit mehreren Wochen im Austausch mit dem Unternehmen selbst, mit den Bürgermeistern der Nachbarkommunen, den Ortslandwirten sowie weiteren Organisationen und Behörden.

Ich werde mich im Magistrat sowie in der Stadtverordnetenversammlung gegen einen Verkauf städtischer Flächen bzw. gegen den Bau des Umspannwerkes in diesem Bereich einsetzen.

Die Gründe:

• Entzug von wertvollen Ackerböden aus der landwirtschaftlichen Nutzung

• erhebliche Beeinträchtigungen für die betroffenen Landwirte

• Versiegelung von 30 Hektar

• Beeinträchtigungen für Flora & Fauna (Vorkommen Feldlerche, Rebhuhn, Wiedehopf, Wiesenweihe, Feldhamster)

Es handelt sich um einen völlig isolierten Standort - mitten in der für die Wetterau so charakteristischen landwirtschaftlichen Fläche.

Es geht mir keineswegs um das klassische „Not in my Backyard“, also „macht es irgendwo, nur nicht bei uns“. 

Aus meiner Sicht hat sich das Unternehmen den für sich optimalen Standort ausgesucht - wirtschaftlich am interessantesten und mit dem geringsten Aufwand umsetzbar. Das ist auch absolut nachvollziehbar. Nun möchte ich, dass die Planung kritisch überprüft wird: Wird das Umspannwerk in dieser Größe an diesem Standort benötigt oder gibt es eventuell auch Möglichkeiten, die vorhandene Infrastruktur zu erweitern und die Planung des Neubaus dadurch zu verkleinern? Kann man die notwendige Leistung vielleicht auch durch kleinere Einheiten gewährleisten? Gibt es eventuell einen Standort, der an vorhandene Industrie angrenzt und nicht mitten in landwirtschaftlicher Fläche liegt? Das sind Fragen, die gestellt werden müssen.

Ich bin keineswegs Gegnerin der Energiewende. Ich bin davon überzeugt, dass wir unseren Strom nachhaltig, aus Wind, Sonne und Wasser herstellen sollten. Ich bin stolze Bürgermeisterin einer ehemaligen Bergbaukommune, wo Kohle abgebaut und teilweise in direkter Nachbarschaft verstromt wurde. Heute gefallen uns die dadurch entstandenen Seen und die liebgewonnene Tradition. Aber ich möchte kein zurück in die Energieerzeugung dieser Zeit!

Wir brauchen daher moderne Strom-Infrastruktur, um Strom dezentral zu erzeugen und dorthin zu transportieren, wo er benötigt wird - ggf. auch in unsere eigenen Steckdosen. Dennoch muss es erlaubt sein, und ist geradezu meine Pflicht, die vorgelegten Planungen kritisch zu hinterfragen und nicht einfach nur applaudierend zu akzeptieren.

Ich lade alle herzlich zur Stadtverordnetenversammlung am 28. August um 20 Uhr in den Bürgertreff nach Beienheim ein, um aus erster Hand von dem Unternehmen die Planungen vorgestellt zu bekommen. Hier besteht auch die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Bis dahin werde ich nicht untätig sein, sondern die Gespräche, u.a. mit den Ortslandwirten und den Grundstückseigentümern, fortsetzen.

Ich stehe weiterhin dafür, die Interessen der Stadt Reichelsheim, klar und deutlich, aber im Rahmen einer sachlichen Diskussion zu vertreten.

Jetzt gilt es, an einem Strang zu ziehen!